Manchmal ist Freude da und wir bemerken sie nicht.
Oder wir haben vergessen, was uns überhaupt erfreut.
Bevor wir uns also an das Spüren der Freude heranwagen,
machen wir uns zunächst auf die bewusste Suche:
Was könnte dir in deinem Alltag Freude bereiten?
Freude Serie
Dies ist der dritte Teil der Freude-Serie.
Im Teil 1 dieser Freude-Serie erklärte ich, wieso Freude spüren manchmal ganz schön schwer sein kann.
Im Teil 2 ging es um Hindernisse, die wir in unserem Alltag (unbewusst) einbauen, um unsere Freude zu verhindern.
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Diese Freude-Serie entstand in Zusammenarbeit mit Claudia Münstermann, sie arbeitet als Coach online bzw. offline in Aachen.
Für den optischen Genuss in diesem Freude Teil verwende ich Tierfotos meines Verlobten.
Anmerkung: In dieser Freude Serie geht es nicht um Depression.
Bestandsaufnahme: Was macht dir Freude?
Bevor wir uns im nächsten Teil dieser Serie befassen werden, wie man Freude spürt, müssen wir erst einmal herausfinden, bei welchen Gelegenheiten wir diesem Gefühl überhaupt nachspüren könnten.
Hiermit meine ich nicht allgemeine Aussagen wie: „Ich mag gute Witze“ oder „ich mag Situationskomik“, etc.
Ich meine auch keine Dinge, die dir theoretisch Freude machen würden, wenn du sie irgendwann in der Zukunft vielleicht einmal tun würdest. (z.B. es würde mir Freude machen, wenn ich endlich wieder an den Strand nach fahren könnte)
Ich meine ganz konkrete Dinge in deinem ganz normalen Alltag.
Wonach halten wir Ausschau?
Wenn wir an Freude denken, glauben wir oft, dass es um diese „Juhu, mein Leben ist so geil“ Freude geht, also das euphorische Hoch.
Zumindest bei mir war das jene Freude, ich ich spüren konnte, da sie ein starkes Gefühl war. Ich fühlte mich lebendig, unbesiegbar, stark und manchmal sogar schön.
Es war das Gefühl, nach dem ich mich sehnte. Ich wäre gerne immer im euphorischen Hoch gewesen.
Hinzu kam, dass ich nur diese Art der Freude kannte. Ich hatte immer vor Augen, wie „man“ zu sein hat, wenn man in der Freude ist: Laut lachend, lustig, fröhlich, euphorisch, energiegeladen.
Prinzipiell ist gegen diese Art der Freude nichts einzuwenden. Problematisch wird sie allerdings, wenn sie – so wie bei mir – für das Nervensystem auf die Dauer zu anstrengend wird.
Das Gefühl der euphorischen, lauten Freude war für mich zu stark, sodass ich es nur schwer regulieren konnte und oft das Essen als Beruhigungsmittel brauchte. (mehr über das Nervensystem und das Windows of Tolerance liest du hier)
Diese Art der Freude nährte mich persönlich nicht langfristig.
Freude darf auch ruhig und leise sein
Es dauerte einige Jahre Entwicklung bevor ich begriff, dass ich kein Lauffeuer brauchte, sondern stetige Wärme.
Ich persönlich bin kein nach außen gekehrter Typ, daher ist also auch meine Freude nicht nach außen gekehrt. Ich brauchte lange, bis ich mich dafür nicht mehr schämte, sondern fähig war, meine Art der Freude zu entdecken.
(Diese Einsicht rührt mich gerade sehr, da ich diese Zeilen schreibe. Ich empfinde starkes Mitgefühl mit meinem jüngeren Ich, die so hart versuchte Anerkennung zu finden, sodass sie sogar ihre Art und Weise der Freude kritisierte)
Mehr über meinen Weg kannst du in meinem Buch „Essanfälle adé“ lesen.
Für meinen Freude-Weg war es wichtig, mich zunächst selbst kennenzulernen.
Selbstbeobachtung
Da ich mit meiner Freude noch nicht verbunden war, sie also noch nicht so genau spüren konnte, machte ich mich mit folgenden Fragen auf die Suche.
- Was erfreut mich?
- Was macht mir Spaß?
- Was bereitet mir ein kleines Lächeln?
- Wobei werden meine Sinne wach?
- Was rührt mich?
Sich kennenzulernen braucht seine Zeit
Deine Freude-Recherche kann ein paar Wochen, sogar ein paar Monate brauchen.
Es ist keine Sache, an der man ständig arbeitet, schließlich geht es ja um Freude und die darf Freude machen 🙂 .
Es ist mehr eine Sache für den Hinterkopf, die immer wieder mal präsent werden darf in deinem Alltag.
Der Kopf als Unterstützung
Wie kann man Freude finden, wenn man Freude noch nicht wirklich spüren kann?
Beim Finden von Antworten half mir mein Kopf, der immer schon gerne Situationen analysierte.
So war es in meiner Entwicklung immer: Mein Kopf, mein Denken, unterstütze mich.
Er schuf also einen Rahmen für die Freude.
Dadurch wurde es dann in weiter Folge meinem Körper möglich, sich sicher genug zu fühlen, um die Freude auch immer mehr zulassen und spüren zu können.
Je mehr wir mit uns selbst verbunden sind, desto besser können wir auch unsere leisen Gefühle spüren.
Für den Anfang reicht es also, wenn du denkst: „Das könnte mir Freude machen.“
Die Recherche darf Freude machen
Es geht hier nicht darum, möglichst viele Punkte zu finden. Es geht darum, dass du ein bisschen deinen Alltag beobachtest, wieviel Platz es für schöne Dinge gibt in deinem aktuellen Leben.
Wie gesagt, es müssen keine Dinge sein, die dir ein lautes Lachen entlocken.
Es können auch sehr kleine, ruhige Wohlfühlmomente sein.
Es gibt viele Wege
Manche Menschen schreiben gerne detaillierte Tätigkeits-Protokolle oder Tagebuch, andere gehen die Recherche lieber unstrukturierter an.
Lasse dich auch hier von deiner Freude lenken. Beim sich selbst Kennenlernen gibt es kein richtig oder falsch.
Quellen der Freude
Im Folgenden gebe ich dir einige Ideen für Quellen der Freude mit auf den Weg.
Wir verbringen den ganzen Tag mit uns selbst, dennoch kann es möglich sein, dass wir viele Aspekte von uns selbst nicht kennen.
Jeder Mensch ist anders und so gibt es viele verschiedene Arten an Freude-Quellen. Sie können sich im Laufe des Lebens auch ändern.
Dies nachfolgenden Quellen der Freude sollen dir lediglich als Inspiration dienen, um deine eigenen zu erforschen.
Was erfreut dich im ganz normalen Alltag?
Welche Situationen in unserem Alltag könnten dafür geeignet sein, dem Gefühl der Freude auf die Spur zu kommen?
Ich meine damit sehr kleine Dinge, denen wir im Alltag gefühlsmäßig oft wenig bis keine Beachtung schenken.
Am besten du beobachtest deinen Alltag für eine Weile bemerkst Situationen / Dinge, die
- du magst
- in denen du dich wohl fühlst bzw. gut bei dir
- du schön findest
- auf die du dich freust
- dich zum Lächeln oder vielleicht Lachen bringen
- dich lebendig machen
- dich wach machen
- dir gut tun
Den 5 Sinnen Beachtung schenken
Wir können Freude über unsere Sinne erleben:
- Sehen
- Hören
- Riechen
- Schmecken
- Tasten / Spüren
Daher macht kann es interessant sein, bei der Freude-Recherche den jeweiligen Sinnen getrennt Aufmerksamkeit zu schenken:
Ich gebe dir ein paar Beispiele für kleine Freude-Quellen aus meinem Alltag:
- meine Katze sitzt am Fenster, wenn ich nach Hause komme und begrüßt mich (sehen)
- dann maunzt sie lautstark, noch bevor ich die Haustüre aufgesperrt habe (hören)
- an einer Rose schnuppern (riechen)
- die Rinde eines Baums berühren (tasten)
- Katze kraulen (tasten)
Alle Sinne auf einmal spüren
Viele Erlebnisse sprechen mehrere Sinne auf einmal an
- in der Natur spazieren (hören, sehen, riechen, Bewegung spüren)
- eine Tasse Espresso trinken (schmecken) im Gastgarten (spüren z.B. vom Wind) und dabei die Zeitung lesen (z.B. hören, da die Zeitung raschelt)
- die erste Erdbeere der Saison essen (sehen, riechen und schmecken)
Manche Dinge lassen sich nicht so eindeutig in die Sinne aufspalten, ein Beispiel dafür ist Vorfreude. Ich z.B. empfinde Vorfreude, bevor ich einen lieben Menschen treffe.
Oder die Freude, wenn man ein Kind sieht, das zum ersten Mal geht.
Die Freude an Schönheit
Manche Menschen empfinden Freude, wenn Sie schöne Dinge betrachten, wie z.B. Kunst oder schöne Texte lesen, wie z.B. Gedichte.
Auch das Hören von Musik, einer schönen Melodie, kann Freude auslösen. Selbst wenn man sich noch nicht so gut spüren oder benennen kann, merkt man doch auf irgend einer Ebene, dass etwas im Körper passiert.
Mich beispielsweise rührt es, wie in diesem Video die Entwicklung von Ed Sheeran gezeigt wird.
Deine Art von Humor kennenlernen
Zur Freude-Recherche gehört es meiner Erfahrung nach auch dazu, deine Art von Humor kennenzulernen. Denn Humor kann eine wichtige Quelle für Freude sein.
Der österreichische Schauspieler Otto Schenk antwortete in einem Interview auf die Frage:
„Wo ist die Quelle für die Lacher?“
folgendes: „Bei den Schwächen, Blamagen und Ausrutschern, beim Ungeschick und beim Scheitern.“
Man kann herausfinden, was man lustig findet, indem man sich aktiv auf die Suche in den Medien macht. Also der Freude bewusst Raum gibt.
Hier ein paar Beispiele:
Kindlicher Humor
Tatsächlich lachen wir gerne, wenn jemanden ein Missgeschick passiert. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist Tom & Jerry.
Als ich auf der Suche nach meinem Lachen war, stellte ich fest, dass mich Tom & Jerry amüsiert.
Zunächst schämte ich mich dafür, denn darf eine erwachsene Frau Kindercartoons lustig finden? Ist mein Humor im Kindesalter stecken geblieben?
Es dauerte daher einige Zeit, bis ich mir erlaubte zuzugeben, dass ich Videos wie dieses lustig finde:
Ein Video, das ich sehr liebe ist das vom Film Paddington, Teil 1. Was Paddington mit den Zahnbürsten macht, finde ich einfach köstlich!
Gesellschaftskritischer Humor
Maren Kroymann „Helikopterkinder“
Cartoons
Ich mag gerne leicht schlüpfrige Cartoons. Auch dafür schämte ich mich lange, denn „brave Mädchen“ haben Schlüpfriges nicht witzig zu finden.
Hier zwei Beispiele:
Witze
Jetzt kommt noch ein persönliches Outing 😉 Bei mir auf der Toilette liegt ein dickes Witze Buch, in das ich immer wieder gerne hineinblättere.
Auch hier mag ich wieder am meisten die kindlichen Witze, wie z.B.
Ein Passagier sagt auf einem Schiff zum Ersten Offizier: „Unglaublich, was alles in die Wandschränke passt“ Und deutet dabei auf die Bullaugen …
Situationskomik
Dieses Video finde ich sehr lustig, da entfährt selbst mir tatsächlich ein etwas lauterer Lacher.
Die großartige Meryl Streep wird von Ellen DeGeneres aufgefordert, trockene Texte artfremd vorzulesen.
Du Situationskomik gehören für mich auch Tiervideos.
Kurz überlegte ich, ob der Punkt „Katzenvideos“ nicht auch eine eigene Überschrift verdient hätte 😉
Ich LIEBE lustige Katzenvideos. Bei dem hier geht es darum, wie Katzen vor einer Gurke erschrecken. Ich probierte das zu Hause aus, aber meine Katzen waren davon völlig unbeeindruckt.
Möchtest du noch mehr Videos sehen, die ich lustig finde? Dann klicke hier.
Wo das Lachen im Hals stecken bleibt
Manches finde ich persönlich nicht witzig, obwohl es witzig dargestellt wird.
Hier eine Szene von „Tow and a half man“. Die Sequenz dauert nur 2:06 und es kommen gleich vier Späße vor, die meiner Meinung nach unter die Gürtellinie gehen:
„Das Gute ist, er kann 10 und 2 addieren.“-„Ja, sogar ohne Finger.“
„Ich bin ein erfahrener Fahrer“-„Du fährst wie eine alte Frau“
„Lenk ihn bloß nicht ab, er kann kaum gleichzeitig lesen und kacken“
„Schrei mich nicht an“-„Dann stell keine Fragen für Bekloppte.“
Auch hier kam meine Scham ins Spiel: „Sei doch keine Spaßbremse!“ Heute stehe ich dazu, dass ich es nicht witzig finde, wenn der Humor auf Kosten von Schwächeren geht.
Falls du dieses Video witzig findest, sei es dir vergönnt. Ich möchte deinen Humor nicht kritisieren.
Ich möchte nur ein Bewusstsein dafür schaffen, wie fein die Linie zwischen Humor und bösen Sarkasmus oder Verletzung liegen kann.
Auch das gehört für mich zur Recherche dazu.
Sarkasmus und schwarzer Humor
Ich war lange Zeit sehr sarkastisch mit bitter schwarzem Humor. Lange Zeit vertrat ich die Meinung: „So bin ich eben“.
Doch ich heute – viele Selbsterfahrungsstunden später – sehe ich das anders: Ich erkannte, dass im Sarkasmus meine Wut und mein Frust versteckt waren, die sich auf diese Art und Weise indirekt Ausdruck verliehen.
Heute weiß ich, dass wenn mein Sarkasmus hervorschießt passiert gerade etwas, das nicht in Ordnung ist für mich, ich traue mich aber nicht, es klar zu artikulieren.
Somit wurde mein Sarkasmus zu einem Hilfsmittel um mich auf Missstände hinzuweisen, aber ich brauche ihn nicht mehr für meine Lebens- und Herzensfreude.
Was findest du freudvoll?
Nun bist du dran.
Was findest du lustig? Was erfreut dich? Was ist genau dein Humor?
Ich würde mich freuen, wenn du in den Kommentaren teilst, was du freudvoll, witzig oder lustig findest.
🙂
Die Freude-Serie
Teil 1: Freude spüren: Wieso das schwieriger ist, als man denkt
Teil 2: Wie wir im Alltag unsere Freude verhindern
(Teil 3: Freude spüren – Die Recherche)
Teil 4: Übergangsrituale für den Alltag
Teil 5: Das Freude Etikett
Liebe Olivia,
vielen Dank für diesen Blog-Artikel! Ich arbeite seit einigen Wochen mit deinem Buch und kann erkennen, dass ich in den letzten Jahren sehr viel und hart an mir gearbeitet habe. Ich bin sozusagen am Feinschliff angelangt 🙂
Die fehlende Freude kann ich sehr gut nachempfinden. Viele Jahre ging es mir auch so, inzwischen kann ich mich wieder über ganz viele Dinge freuen, besonders über schönes Wetter und die wundervolle Heimat, in der ich lebe. Und ich kann wieder laut mit meinen Kindern lachen!
Manchmal gibt es diese gedämpften Momente noch. Aber auch die kann ich bewusst wahrnehmen und annehmen.
Danke an dieser Stelle für deine große Hilfe!
Viele Grüße
Veronika