Wie schön wäre es, Teenager zu sein mit dem Erfahrungsschatz einer alten Frau.

Leider geht das nicht.

Wir müssen unsere Erfahrungen selbst machen, eine nach der anderen und dafür gibt es leider keine Abkürzung.

Doch vielleicht helfen die Gedanken einer Frau, die auch mal Teenager war.

Ich bin heute 46 Jahre alt und frage mich manchmal:

Was hätte mir damals geholfen, in meiner Verzweiflung? Ich fühlte mich so unendlich einsam, ungeliebt, unfähig und … viel zu dick (obwohl ich nicht war). Besonders schlimm waren für mich die Jahre 12 bis 15.

Diese Frage rollt bereits seit einiger Zeit in meinem Kopf herum und ich dachte, es wäre gut ein ganzes Buch darüber zu schreiben.

Doch dann bekam ich vor kurzem eine ziemlich verzweifelte Mail einer 16 Jährigen. Das animierte mich dazu, ein paar Gedanken dazu niederzuschreiben … also einfach anzufangen.

Ich kann diesen Blog-Artikel ja später noch ergänzen, verändern, neu schreiben … 🙂

Teenager

Die vielleicht wichtigste Botschaft die ich an mein jüngeres ich habe ist:

Dein Körper verändert sich und das ist normal

Körper verändern sich.

Wenn man so darüber nachdenkt, ist das völlig klar: Es gibt Kinder, Erwachsene und Alte.

Doch dass auch ich diesem Wandel unterworfen bin, war mir als Teenager nicht bewusst. Vielleicht weil dieser Wandel so langsam vor sich geht.

Wenn du mal ein bisschen Zeit hast, schau dir 8-11 jährige Mädchen an: Ihre Figur kann man kaum von jenen der Buben unterscheiden.

Dann beobachte die Körper von Frauen, z.B. die deiner Lehrerinnen.

Die Körper von Frauen sind deutlich runder und breiter als jene von 8-11 jährigen Mädchen. Das bedeutet aber nicht, dass diese Frauen dick sind. Es bedeutet, dass sie Frauen sind und keine Mädchen mehr.

Wenn du also breiter wirst und Kurven bekommst, heißt das nicht, dass du dick wirst.

Es heißt, dass du zur Frau wirst.

Diese Veränderung kann Angst machen, da man nicht weiß, wohin sie führt und man alles Gewohnte hinter sich lassen muss. Der Prozess unterliegt nicht unserer Kontrolle.

Vor allem braucht man laufend größere Kleidung.

Was einem als Teenager auch Angst machen kann ist, dass man von Burschen plötzlich als sexuelles Wesen wahrgenommen wird. Plötzlich steht das eigene Aussehen vermehrt im Vordergrund. Das alles passiert quasi über Nacht und kann ganz schön überfordern und verunsichern.

Es gibt unterschiedliche Körper und das ist normal

Manche Menschen haben das Glück, dem gängigen Schönheitsideal zu entsprechen. Bei Frauen ist das (leider immer noch) ein sehr schlanker Körper.

Nur die wenigsten Menschen entsprechen diesem Ideal.

Und selbst wenn wir von außen denken, dass ein Mensch ideal aussieht, heißt es noch lange nicht, dass er sich auch so fühlt. Dazu kannst du hier viele Geschichten von Menschen lesen, die mit ihrem Körper haderten: Der Self Love Sunday.

Wenn du einige dieser Geschichten gelesen hast kannst du feststellen, dass es eine Mär ist, dass wir uns nur dann lieben können, wenn wir perfekt sind. Die Wahrheit ist: Niemand ist perfekt.

Es gibt Menschen, die von Natur aus sehr dünn sind und welche, die kräftiger gebaut sind. Das ist normal. Ich kenne Menschen, die ihr Leben lang gegen ihre Natur kämpfen, doch dieser Kampf ging nie gut aus.

Deine Aufgabe ist es, zu lernen, dich selbst anzunehmen, so wie du bist. Es geht darum, das Beste aus dem zu machen, was du bist und was dir entspricht statt zu versuchen, jemand anderer zur werden.

Hier noch ein sehr schöner Artikel von Jennifer Ospelt (die Gründerin des Self Love Sundays) zum Thema: Wir sind alle unterschiedlich und das ist gut so. 

Diäten sind das Tor zur Essstörung

Es geht nicht darum, ein bestimmtes Körpermaß auf biegen und brechen zu erreichen. Es geht vielmehr darum, deinen Körper und deiner Seele zu geben, was sie brauchen.

Wenn du allerdings deinen Körper ständig unerjochst, verlierst du den Zugang zu deinen Bedürfnissen. Strenge Diäten können nicht ein Leben lang durchgehalten werden, daher fallen so viele in den Jo-Jo-Effekt.

Statt eine Diät nach der anderen auszuprobieren, wäre es sinnvoller zu lernen, deine Bedürfnisse kennenzulernen, seelisch wir körperlich. Dann musst du Essen nicht missbrauchen, um diese Löcher zu stopfen.

Über meinen Weg in bzw. aus der Essstörung kannst in meinem Buch einiges lesen:

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Erwachsen werden heißt dich kennenzulernen

Als Kind werden wir von unserer Familie bestimmt. Als Erwachsene sind wir selbstbestimmt. Das Teenager-Alter ist der Übergang.

Als Kind kopiert man seine Eltern, das ist normal.

Nun wird es Zeit herauszufinden, was davon für dich passt und was nicht.

Wir glauben, dass wir uns selbst kennen, da wir 24 Stunden mit uns verbringen. Aber dem ist nicht so. Es gibt viele Erwartungen von anderen Personen oder auch von uns selbst, wie wir zu sein hätten, was wir mögen oder tun sollten.

Wer bist du, was magst du, was brauchst du, was möchtest du?

Das herauszufinden braucht seine Zeit.

Dieser Prozess beinhaltet auch, dass wir uns erlauben, vieles auszuprobieren. Heute ist es die Gitarre, morgen Reitunterricht, übermorgen ein Mal-Tutorial.

Ich möchte dir gerne sagen, dass das kein Zeichen für unsteten Lebenswandel ist. Man darf und muss vieles ausprobieren um festzustellen, was zu einem passt.

Und das vielleicht allerwichtigste ist: Du darfst Fehler machen. Es ist sogar notwendig Fehler zu machen, aus denen du lernen kannst. Denn wie sonst soll Entwicklung stattfinden?

Entwicklung

Wenn du meinst, dass du nichts kannst, schau genauer hin

„Die anderen sind ALLE so toll, die wissen alle, was sie wollen und können. Der eine kann voll super Gitarre spielen, der andere ist ein Held am PC. Und ich? Ich? Ich kann nichts.“

Falls du auch so von dir denkst, möchte ich dir mitgeben:

Wenn man Teenager ist, geht es oft vor allem darum nach außen zu wirken, also coole Dinge zu tun. Damit kann man  punkten, vor allem beim anderen Geschlecht.

Wir denken, wenn wir nur auch sowas tolles könnten, dann, ja dann würden uns alle lieben und bewundern. Doch langfristig, sind das nicht die wichtigen Werte, die zählen. Die Bewunderung von außen ist nämlich nicht nachhaltig.

Vielmehr geht es darum herauszufinden, worin du gut bist. Du brauchst eine innere Stabilität, tiefe Gewissheit darüber wer du bist und was du kannst.

Es kann einige Jahre brauchen, das herauszufinden.

Vielleicht sind das Dinge, die man nicht so im Außen sieht:

Vielleicht kannst du gut zuhören? Vielleicht kannst du gut formulieren, wie es in deinen Innenwelten aussieht? Vielleicht schreibst du gerne? Vielleicht liest du total gerne und bis an vielen Themen interessiert? Vielleicht kannst du die Stimmungen anderer wahrnehmen? Vielleicht bist du neugierig und möchtest Zusammenhänge verstehen?

Das alles sind alles Talente, aber eben welche, mit denen man im Klassenzimmer nicht besonders gut angeben kann. Dennoch: Aus all dem lässt sich ein Beruf machen, wie du an meinem Beispiel sehen kannst. (ich dachte früher übrigens auch, dass ich gar nichts kann und alles was ich kann niemandem nützlich ist)

Ich bin mir sicher, dass es da einiges zu entdecken gibt bei dir!

Jugendliche

Die Freude zu suchen lohnt sich

Es lohnt sich, wenn du immer wieder beobachtest und notierst:

  • Was macht mir echte Freude?
  • Wobei werde ich hellwach?
  • Was gibt mir Energie?
  • Wann fühle ich mich besonders wohl mit mir selbst?
  • Was tut mir gut?
  • Was entstresst mich in meinem Alltag? (außer Essen oder sonstige Substanzen)

Und davon so viel wie möglich davon tust 🙂

Was tut dir gut?

Du brauchst ein Dorf

Es gibt den schönen Satz: Für das Aufziehen eines Kindes braucht es ein Dorf. Wenn du ein Kind bist, wird dir dein Dorf vorgegeben.

Nun, da du älter wirst, darfst du es dir selbst aussuchen.

Es können durchaus Menschen zu deinem Dorf gehören, mit denen du blutsverwandt bist, das ist aber nicht unbedingt notwendig.

Wer gehört in dein Dorf?

Du brauchst Menschen,

  • bei denen du dich wohlfühlst und die dich mögen, so wie du bist. Diese Menschen stehen hinter dir, wenn sich zB. jemand über dich lustig macht.
  • die ähnlich ticken wie du, die also z.B. auch lieber einen Spieleabend verbringen als in die Disco zu gehen.
  • die einen ähnlichen Humor haben wie du, dich also zum Lachen bringen
  • die dich inspirieren, dir neue Ideen bringen (da ist z.B. Youtube eine herrliche Quelle)
  • wo du denkst: Ja, so könnte es gehen, wenn ich älter bin, also Rollenvorbilder. (hier kann auch Youtube eine gute Quelle sein, oder vielleicht LehrerInnen, SeminarleiterInnen etc.)

Bis du dein Dorf zusammen hast, kann es ein paar Jahre dauern und das ist OK so. Halte einfach Ausschau, und jene Leute, die zu deinem Dorf gehören, werden sich zusammenfinden.

In deinem dich unterstützenden Dorf sind gleichaltrige Teenager willkommen, aber auch ältere Menschen, von denen du lernen kannst. Natürlich auch jüngere Menschen, die dir gut tun.

Woran man merkt, ob ein Mensch gut tut, beschreibt Brené Brown treffend in ihrem Buch Verletzlichkeit macht stark *:

„Ich schlug meiner Tochter vor, sich ihre Freundschaften jeweils als ein Murmelglas vorzustellen. Wenn man von jemandem unterstützt wird, wenn er freundlich ist, sich für einen einsetzt oder das, was man ihm anvertraut, nicht weitererzählt, tut man Murmeln ins Glas. Wenn er sich gemein oder respektlos verhält oder Geheimnisse ausplaudert, holt man Murmeln heraus. (…) Vertrauen baut sich nach und nach auf: eine Murmel nach der anderen.“

Wen möchtest du NICHT in deinem Dorf haben?

Was du in deinem Dort nicht brauchst sind Menschen, neben denen du dich immer klein und unzulänglich fühlst, oder die sich über dich lustig machen oder dir weis machen möchten, dass du seltsam bist. Das gilt übrigens auch für dein Dorf in den sozialen Netzwerken: Es tut gut sich von jenen Profilen zu verabschieden, die dich ständig klein fühlen lassen.

Manchmal braucht es auch Professionisten im Dorf

Und manchmal brauchst du in deinem Dorf auch jemanden, der dir helfend zur Seite steht, da kann z.B. eine Psychotherapeutin wichtig werden. Oft ist es so, dass man als Teenager überbordernde Emotionen hat und nicht weiß wohin. Da braucht es jemanden, der dir beibringt, wie du dich selbst regulieren kannst.

Du brauchst ein Dorf

Hilfe bei Essstörungen für Teenager

Weblinks

www.therapienetz-essstoerung.de: Beratungseinrichtung in München, beraten auch am Telefon und online. Hier gibt´s auch Infos über Wohngruppen für Jugendliche

www.waage-hh.de: Fachzentrum für Essstörungen in Hamburg, mit online Beratung.

www.ptn-muenster.de/html-kjp: Info über Psychotherapie in Deutschland, z.B. ob deine Eltern darüber erfahren müssen und wer das bezahlt.

hilfe@essstoerungshotline.at (Email Beratung in Österreich, es können aber auch Menschen aus Deutschland und Schweiz hinschreiben)

Facebookgruppen

Wenn du dir eine Gruppe auswählst ist es wichtig dass es eine ist, die Abnehmen nicht verherrlicht und in der keine Abnehmtipps geteilt werden. Denn das führt noch tiefer in die Essstörung hinein und das möchtest du bestimmt nicht. In folgenden Gruppen wird darauf geachtet, dass das nicht passiert und soweit ich weiß sind dort auch Teenager willkommen:

www.facebook.com/groups/159792134142766/ (gegen Essstörungen)

www.facebook.com/groups/kirasiefert/ (Gruppe von Kira Siefert)

www.facebook.com/groups/essstoerungenallerart/ (Essstörungen – Magersucht, Bulimie & Binge Eating)

www.facebook.com/groups/magersucht/ (Magersucht und Bulimie)

Instragram

Bitte tue dir den Gefallen, dir auf Instagram Menschen zu suchen, deren Beiträge dir gut tun. Auf Insta gibt es so viele perfekte Stories, die einen klein und hässliche fühlen lassen. Du kannst entscheiden, dich dem nicht auszusetzen.

Empfehlen kann ich z.B.

@wolfsfrei
(www.wolfsfrei.com) Sie hat übrigens auch beim Self Love Sunday mitgemacht (https://ilovespa.de/2018/07/22/self-love-sunday-sarah-2)

YouTube

Hallo Bulimie von Lena: Lena bereitet die Themen rund um Esssucht sehr verständlich auf und auch witzig, ohne sich jemals lustig zu machen über die Krankheit.

Techniken zur Selbstregulation

Eine Essstörung zu haben heißt unter anderem, dass man seine Gefühle nicht mehr regulieren kann und daher das Essen dafür missbraucht.

Es ist am Weg aus der Essstörung daher wichtig zu lernen, seine Gefühle wahrzunehmen und mit ihnen umzugehen. Oft braucht es dazu professionelle Hilfe, aber einiges kann man auch alleine lernen: