Was können wir tun, wenn eine Person in unserem unmittelbaren an Esssucht leidet, beispielsweise eine gute oder gar die beste Freundin?

Der Wille zur Heilung

Vielleicht kennen Sie den Spruch : „Man kann ein Pferd zur Tränke führen, aber trinken muss es von alleine.“ Heißt: Ihre Freundin muss einsehen, dass es Handlungsbedarf gibt und sie muss den Weg der Heilung selbst beschreiten.

Wenn ihre Freundin nicht gewillt ist, sich für einen Lösungsweg zu öffnen oder gar irgendetwas von sich Preis zu geben, dann kann selbst der beste Therapeut oder die beste Therapeutin wenig ausrichten.

Dies zu wissen ist wichtig und gleichzeitig herausfordernd. Denn natürlich sorgen wir uns um das Wohlergehen unserer Freundin. Wenn wir glauben zu wissen, wo das Problem liegt, möchten wir, dass sie sofort entsprechende Schritte setzt.

Doch so einfach wie es aussieht ist es meist nicht. Es könnte sein, dass Sie ähnliches von sich selbst kennen. Vielleicht hielten Sie an einer Beziehung fest, von der Ihre Freundinnen bereits wussten: „Das wird nichts.“. Oder Sie beschritten einen falschen Weg, obwohl Sie andere davor warten. In beiden Fällen mussten Sie Ihre eigenen Erfahrungen machen, in Ihrem Tempo.

Ähnlich ist es bei der Esssucht oder bei anderen Krisen: Wir können nur so rasch gehen, wie es uns selbst möglich ist. Doch nur daneben zu stehen und zu warten, bis die Freundin so weit ist, ist natürlich sehr schwierig bis unmöglich und kann uns zuweilen das Herz zerreißen vor lauter Sorge. Was also tun?

Informieren Sie sich über Essstörungen

Womit genau hat Ihre Freundin zu kämpfen? Besonders wichtig zu wissen ist hier, dass es nur oberflächlich gesehen um das Essen oder nicht Essen geht. In Wahrheit geht es um andere Dinge, die dahinter stecken, beispielsweise um das beißende Gefühl, nicht schön oder gut genug zu sein oder um die sogenannte toxische Scham. Die Stimmungsschwankungen, die viele Esssüchtigen haben, können Teil des Symptoms sein und manchmal ist es gut, diese als Freundin nicht allzu persönlich zu nehmen. Über Esssucht gibt es zahlreiche Bücher, beispielsweise meines „Essanfälle adé“ und Infos im Internet.

Es gibt keine schnelle Lösungen

Esssucht ist etwas Komplexes, es ist also mit einem Ratschlag, mit einem Gespräch und auch mit zehn Gesprächen nicht getan. Der Ausstieg aus der Esssucht dauert mitunter Jahre. Dies im Hinterkopf zu behalten ist sehr wichtig, damit Sie keine zu hohen Erwartungen an Ihre Freundin haben. In den meisten Fällen braucht es die Unterstützung einer Psychotherapie.

Stärken Sie sich selbst

In der Psychologie gibt es den Begriff der Co-Abhängigkeit. Ich finde es wichtig, darüber Bescheid zu wissen. Sie finden dazu einiges im Internet. Bei der Begleitung von einer Freundin mit Esssucht geht es darum, auf die eigenen Grenzen zu achten und es geht um die Frage: „Wie viel bin ich bereit zu geben?“, „Wie viel bin ich bereit auszuhalten?“. Wenn Sie sich beim Helfen und Sorgen total verausgaben, sich alles gefallen lassen, ihre Grenzen total missachten und am Ende seelisch zusammenbrechen, dann hat niemand etwas davon. Wichtig finde ich es, sich selbst immer wieder zu erinnern: „Ich kann den Weg nicht für dich gehen, das musst du selbst tun.“ Und: Sie sind die Freundin, nicht die Psychotherapeutin. Außerdem geht es um Mitgefühl, nicht um Mitleid. Ihnen darf es gut gehen, selbst wenn Ihre Freundin momentan in einer Lebenskrise steckt.

Das wichtigste ist die Liebe

Die meisten Esssüchtigen schämen sich für das, was sie sind und für ihr verdrehtes Essverhalten. Hier ist es heilsam, wenn Sie signalisieren können: „Du bist mehr als dein Essverhalten, ich mag den Menschen, der du bist.“.

Die eigene Sorge zugeben

Wir können der Freundin nichts aufdrängen, aber was wir sehr wohl können ist, unsere eigene Sorge zum Ausdruck zu bringen: „Ich habe das Gefühl, dass es dir nicht gut geht. Ich mache mir Sorgen um dich.“ oder „Ich habe das Gefühl, dass du ein Problem mit dem Essen hast, aber du streitest das ab. Das respektiere ich. Doch meine Sorge bleibt. Und um ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr, wie ich reagieren soll.“ Sie dürfen zugeben, wenn Sie sich hilflos fühlen „Ich würde dir gerne helfen, weiß aber nicht wie. Ich weiß nicht mehr, wie ich mir dir gegenüber verhalten soll.“

Wie geht es dir wirklich?

Frauen mit Esssucht bemühen sich sehr, nach außen hin gut zu funktionieren, was viel Kraft kostet. Da kann es gut tun, wenn signalisiert wird: „Ich interessiere mich dafür, wie es dir wirklich geht. Entscheide du, ob du mir das erzählen möchtest. Ich bin für dich da.“

Sich mit Ratschlägen zurückhalten

Wenn Ihre Freundin das Thema vermeidet, werden „kluge“ Ratschläge vermutlich ins Leere gehen. Hier könnte es eine Möglichkeit sein, Ihrer Freundin ein Buch zu schenken, von dem Sie meinen, dass es hilfreich sein könnte: „Ich gebe dir diese Buch, weil ich mich um dich sorge und mich vieles, was darin steht an dich erinnert. Vielleicht magst du es lesen. Falls das Buch nichts für dich ist, dann schenk es einfach weiter.“

Überforderung zugeben

Wenn Sie überfordert sind mit der Situation, dann dürfen Sie das zugeben. Wenn Ihre Freundin beispielsweise immer von den selben Problemen mit dem Essen redet, dann dürfen Sie Ihre eigenen Grenzen wahren und bemerken: „Es geht nun schon zum x-ten Mal um genau dieses Thema. Ich hab dich lieb, aber ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann und das macht mich sehr unglücklich. Ich glaube langsam wirklich, dass dir eine Psychotherapeutin hier besser helfen kann als ich.“

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