Letztens bestellte ein Mann die Online Publikation. Da dies selten bis nie vorkommt und ich vor allem oder besser gesagt ausschließlich Erfahrung in der Begleitung von Frauen mit Esssucht habe, fragte ich diesen Mann, inwieweit die Blogeinträge und das pdf. auch auf ihn als Mann zutreffend wären. Hier seine Antwort, die ich hier mit freundlicher Genehmigung – natürlich anonym – wiedergeben darf:
Liebe Frau Wollinger,
Ich habe lange überlegt, was von Ihrem Buch/Blog auf mich zutrifft bzw. eher nicht zutrifft.
Die treffendste Antwort ist, dass alles genauso(!), minutiös zutrifft. Von Ihren eigenen Erfahrungen (Stories) bis hin zu Ihren Empfehlungen.
Dennoch ein paar Worte zu mir:
Ich bin mitte zwanzig, Student und „Kämpfe“ seit etwa 4-5 Jahren mit meiner Esssucht (binge eating non-purging type).
Meine Esssucht tritt periodenweise auf. Im Winter häufiger als im Sommer.
Es gibt auch Phasen, wo ich monatelang keinen Essanfall habe und von jetzt auf gleich stopfe ich mich mehrere Tage am Stück mit Essen voll (nach dem Motto „jetzt ist es auch egal“). Nach so einer „Ess-Woche“ dauert es meist mehrere Wochen bis zum nächsten Anfall. Manchmal ist es auch im 3 Tage Rhythmus o.ä..
Kompensieren tue ich meine Esssucht mit sehr viel Sport und minutiös geplanten und geführten Diätplänen. Sodass ich immer sehr schlank bleibe.
Aber dafür auch mit denen von Ihnen beschriebenen Wirkungen, dass ich mich oft benebelt, müde und ausgelaugt fühle. Zudem habe ich wenig Zeit für anderes außer Sport und Ernährungsplanung.
In meinem Freundeskreis gelte ich als Gesundheits- und Sportfreak (trinke keinen Alkohol, gehe früh ins Bett, mache viel Sport und ernähre mich sehr gesund; Vollkorn, Obst, Gemüse) – aber nur aus der Kompensation der Esssucht heraus.
Meine Essanfälle treten nur auf, wenn ich alleine bin. Dann setzt ein regelrechtes Blackout ein und ich kann erst aufhören, wenn mir brechend übel ist. Früher habe ich mich dafür sehr geschämt und gehasst und alles getan, um es zu vertuschen.
Ferner hatte ich danach extreme Depressionen und gehofft am nächsten morgen nicht mehr aufzuwachen. Was zu noch mehr essen geführt hat. Durchbrechen konnte ich den Teufelskreis immer nur mit Sport.
Glücklicherweise haben sich meine Essanfälle in den letzten 12 Monaten+ sehr verbessert. Ich habe sie akzeptiert und mache mir am nächsten Tag keine Vorwürfe mehr. Weshalb ich auch keine Depressionen mehr habe.
Zudem gehe ich lockerer und entspannter damit um.
Und viele Ihrer Ratschläge und Erläuterungen bestätigen mich in meinen Vermutungen und Thesen, wieso es zu der Esssucht kommt.
Sodass ich weiß, dass ich auch in Zukunft noch Essanfälle haben werde, aber die Tage sind gezählt! 🙂
Es ist einfach keine große Sache mehr. Und ich sehe es als Herausforderung und Abenteuer die Ursache meiner Esssucht zu erforschen.
Auch bin ich nicht mehr so Sport fanatisch.
Dennoch kam es zu früheren Zeiten (wo ich dachte soweit zu sein, wie jetzt) immer wieder zu Rückfällen in alte Verhaltensmuster.
Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass Ihr Blog und Ihr Buch (soweit ich es bis jetzt durchgearbeitet habe) sehr sehr sehr hilfreich sind. Ohne Übertreibungen, Ihr Buch ist das beste, schlüssigste und hilfreichste was mir zu dieser Thematik über den Weg gelaufen ist (und ich war deswegen zeitweise beim psychologischen Dienst der Hochschule). Für mich ist es perfekt. Und ich denke insbesondere wegen Ihrer eigenen (Lebens-)Geschichte, die sich genauso liest, wie meine. Deshalb finde ich es ferner Super, dass Sie immer wieder von sich selbst berichten und auch den Mut dazu aufbringen. Es gibt mir nämlich wiederum Mut zu lesen, dass ich nicht der einzige bin, der daran leidet / leidete.
Ich hoffe ich konnte Ihnen ein paar Einblicke liefern und es war aufschlussreich für Sie.
Viele Grüße,
A.H.
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